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Natur

Kahnfahrten im Spreewald: Idyllische Natur trifft auf spannende Tradition

Auf rund 1.500 Kilometern erstreckt sich das Wassernetzwerk des Spreewaldes – nicht verwunderlich also, dass Kahnfahrten hier so beliebt sind. Anbieter, Routen und alles Wissenswerte erfahren Sie hier.

Datum 23.06.2023

Der Spreewald liegt zwischen Berlin und Dresden. Infolge der letzten Eiszeit entstand hier am Spreelauf eine Auenlandschaft mit einem dichten Netz kleiner Fließgewässer. Die Flusslandschaft zählt als UNESCO-Biosphärenreservat und lockt Besucher:innen aus aller Welt mit idyllischen Kahnfahrten. Wie die Arbeit der Gondolier:innen vor Ort aussieht sowie Hintergrundinfos zum Spreewald und seiner Umgebung verraten wir im Folgenden. 

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1.500 Kilometer Wasser: Willkommen im Spreewald

Haus am See, Spreewald, Brandenburg © IMAGO/CHROMORANGE
Auf rund 1.500 Kilometern erstreckt sich das Wassergeflecht des Spreewaldes.

Wer zum Suezkanal will, muss nicht nach Ägypten fliegen. Eine Reise nach Brandenburg reicht. Keine 100 Kilometer von Berlin entfernt, bei Lübbenau im Spreewald, gibt es ihn auch. Dort ist er zwar nur 260 Meter lang, einen Meter tief und für Schiffe garantiert unpassierbar. Doch auf dem Papier gibt es keinen Zweifel: Er ist eindeutig als Suez-Kanal im Stadtplan verzeichnet. Wahrscheinlich wurde der brandenburgische Kanal in Anlehnung an die Suez-Krise am großen Kanal in Ägypten Mitte der 1950er Jahre benannt. 

Eigentlich heißen die Kanäle im Spreewald ja Fließe. Rund 1.500 Kilometer lang ist das Wassergeflecht des Spreewalds, knapp 300 Kilometer davon sind mit Booten befahrbar. In denen drängeln sich Tourist:innen aus aller Welt – in Lübbenau oder dem nahen Burg, wo Dirk und Tino Meier seit 23 Jahren den „Spreehafen Burg“ betreiben. „Schon als Kinder waren wir jede freie Minute an den Fließen“, erinnert sich Dirk Meier, „im Winter beim Schlittschuh laufen und im Sommer auf den Kähnen.“

Kahnführer:innen im Spreewald: Anstrengende Handarbeit

Kahnfahrt in Lübbenau im Spreewald © IMAGO/Thomas Eisenhuth
Rund dreieinhalb Tonnen bugsiert ein:e Gondolier:in bei einer Kahnfahrt mit Passagier:innen durch die Kanäle im Spreewald.

Damals waren Touren durch den Spreewald noch ein ziemlich unorganisiertes, eher zufälliges Unterfangen. „Da hat man sich einen Bauern aus der Umgebung gesucht, der gerade Zeit hatte“, erzählt Dirk Meier. „Der hat vielleicht ein paar Stullen als Wegzehrung eingepackt und seine Gäste ins eher unbequeme Boot verfrachtet.“ Die Fahrt war Schwerstarbeit. Die massiven Kiefernholz-Kähne per Hand durch die Fließe zu staken, kostete jede Menge Kraft. Die schweren Holzboote von einst haben die Meiers zwar längst durch acht leichtere Aluminium-Kähne ersetzt, doch die Muskeln der Bootsmänner sind noch immer gefordert. Dreieinhalb Tonnen schiebt ein Fährmann durch die Fließe, wenn sein Boot voll besetzt ist. „Bei Strömung haut das ganz schön rein“, sagt Gondoliere Basti, der uns durch die Fließe stakt. Er ist mit Leidenschaft bei der Sache und mag sich trotz aller Anstrengung keinen anderen Job vorstellen. „Mit zwei Kilometern pro Stunde lautlos durchs Wasser zu gleiten, ist einfach ein geiler Job.“

Das hat schon Dichter Theodor Fontane anerkannt, der vor 140 Jahren ein ungleich feinsinnigeres, gleichwohl begeistertes Loblieb auf die Kahnführer:innen textete: „Und dass dem Netze dieser Spreekanäle nichts von dem Zauber von Venedig fehle, durchfurcht das endlos wirre Flussrevier in seinem Boot der Spreewalds-Gondolier.“ Mit bis zu 35 Kolleg:innen arbeitet Basti in der Hochsaison zusammen. Die meisten haben eine Art „Fährmannschule“ besucht. Und sie können die dort erlernten Tricks und Kniffe gut gebrauchen, wenn sich bei Strömung mehrere Kähne begegnen und die Passagier:innen sicher durch Engstellen geschleust werden müssen. Alles in Handarbeit wohlgemerkt, denn mit Motor wird im Spreewald nur bei Hochwasser gefahren.

Kahnfahrten im Spreewald: Verschiedene Angebote

Inzwischen läuft der Bootsbetrieb im Vergleich zu den bäuerlichen Anfängen perfekt organisiert. Wer den Spreewald kennenlernen möchte, kann Zwei-Stunden-Touren oder Halbtagesausflüge machen. Statt ein paar Stullen gibt es auf Wunsch Fahrten mit Gaststätten-Stopps. Wer mag, kann sich in einem „Kahn der Sinne“, auf Polstern liegend, ganz entspannt durch die Fließe treiben lassen oder den Spreewald im Mondschein genießen. Selbst im Winter gibt es Fahrten, dann flackern auf den Booten kleine, wärmende Ethanol-Kamine.

Sorbische Tradition im Spreewald

Vielleicht begegnen Sie unterwegs Menschen in schöner und doch ungewohnter Tracht: Es sind Angehörige des sorbischen Volks – Nachfahren der slawischen Stämme, die sich im 6. Jahrhundert hier im Spreewald ansiedelten. Rund 60.000 Sorb:innen leben noch heute in Teilen Brandenburgs und Sachsens.

Das ist auch deutlich zu spüren: Wegweiser und Ortsschilder rund um die Spreewald-Gemeinden sind zweisprachig, sorbische Traditionen auch bei Bootsfahrten durch die Kanäle unübersehbar. So sind beispielsweise an den Giebeln vieler Häuser gekreuzte Schlangenkörper zu sehen: Symbol des „Wuzowy Kral“, des Schlangenkönigs, der Böses von den Bewohner:innen fernhalten soll.

Folgen des Klimawandels für den Spreewald

Lübbenau-Lehde, Kahnfahrt im Spreewald, Foto aus 2006 © IMAGO/NBL BIldacrhiv
Schon seit Jahrzehnten werden im Spreewald Kahnfahrten angeboten (Foto aus 2006). Wie lange wird das noch möglich sein?

Schutz kann auch der Spreewald brauchen, denn infolge des Klimawandels ist das Wald- und Wassergebiet von Austrocknung bedroht. Mit Folgen nicht nur für die berühmten Spreewaldgurken, die feuchtes Klima lieben und viel Wasser brauchen, weil sie zum größten Teil ja selbst aus Wasser bestehen. Die Sommerniederschläge gehen merklich zurück, bei steigenden Temperaturen wird künftig noch mehr Wasser verdampfen. Die Folge: Die Wasserstände sinken.

Hinzu kommt, dass ein großer Teil des Spreewassers, aus dem das Biotop, aber auch die Hauptstadt Berlin versorgt werden, aus den Lausitzer Braunkohle-Tagebauen kommt. Grubenwasser wird in den Fluss gepumpt, damit die riesigen Kohlebagger im Trockenen stehen. Ab 2028 aber wird das im Zug des Braunkohle-Ausstiegs schrittweise auf null reduziert – eine weitere Herausforderung für den Spreewald.

Niedrigwasser in den Fließen macht den Bootsleuten schon jetzt zu schaffen. Wenn es im Sommer so richtig heiß ist und Regen ausbleibt, sind kleinere Nebenkanäle schon nicht mehr befahrbar. Dann sind nur noch Touren durch die Hauptschlagadern des Spreewalds möglich.

Weitere Informationen zum Spreewald

Anreise: Sie können etwa mit dem Regionalzug nach Lübbenau fahren – oder mit dem Auto über die Autobahnen A 13 und A 15.

„Spreehafen Burg“: Die Kähne fahren das ganze Jahr über – in der Hauptsaison vom 1. April bis 31. Oktober mehrmals täglich, in der Nebensaison vom 1. November bis 31. März in der Regel zweimal am Tag. Die Touren kosten zwischen 15 Euro (für eine Stunde) bis 50 Euro für ein Fünf-Stunden-Arrangement mit Essen. Mehr Informationen finden Sie hier.

Weitere Anbieter: Auf der Seite des Tourismusverbands Spreewald finden sich noch viele weitere Anbieter für Kahnfahrten im Spreewald.

-Joachim Hauck, dpa

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